Das Leben in Pastelltönen …

Nach zwei ausgezeichneten Abendessen, einem gemütlichen Tag in der Nähe von Apt und einem feinen Besuch an dem wunderbar bunten und sehr schönen Markt in Apt am Samstagvormittag, hab ich mich mal wieder von meinen Lieben verabschiedet und auf mein Rad geschwungen. Und zwar auf die Autobahn. So zumindest unser “interner” Titel für die genialen Radwege rund um Apt (auf dem Bild eine schön bunt bemalte Radunterführung). Für die erste Etappe von Gargas nach Apt hatte ich tatsächlich fast alle 80km durchgehend einen Radweg, oder zumindest beschilderte Nebenstraßen, zum “Dahinrollen”. Angelegt auf einer alten Bahntrasse, mitten in der Natur, vorbei an ehemaligen provenzialischen Steinhaus-Bahnhöfen mit pastellfarbenen Fensterbalken, gesäumt von Mohnblumenfeldern – so ungefähr würde ich die Radautobahn beschreiben – sehr gemütlich! Und im Gegensatz zu den italienischen Radwegen, die ja unter Überbevölkerung (von allen, abgesehen von Radfahrern) leiden, war ich großteils alleine unterwegs. Arles – mein erstes Ziel – war sehr herzig. Schöne römische Überbleibsel und eine kleine Stadt, die aussieht, als ob ein Maler die Hälfte seiner Farbpalette zu Hause vergessen hatte und deshalb alles nur in Pastelltönen bemalt hat. Leider bin ich etwas zu spät nach Arles gekommen um mich noch einem wichtigen ehemaligen Bürger der Stadt zu widmen – Vincent Van Gogh, der eine seiner produktivsten Zeit wohl in Alres verbrachte.

Für den nächsten Abschnitt – durch das Naturschutzgebiet “Camarque” – habe ich mir die kleinste Nebenstraße ausgesucht und bin mit einem Flamingo belohnt worden:-)) Weiße Pferde hab ich natürlich auch gesehen, allerdings würde ich nicht behaupten, dass es wilde Pferde waren – sie waren definitiv auf einem eingezäunten Gelände. Und bei einem zufälligen Stop in dem Dorferl Salin de Giraud bin ich dann auch noch Mitten in ein Dorffest geradelt. Die Tracht und vor allem die tollen weißen Stoffhauberl der Mädels und Frauen haben mich ein bisserl an unsere Goldhauben zu Hause erinnert.

Mein Ziel an dem Tag war aber noch etwas südlicher: die Côte bleu vor Marseille. Da die liebe “Gande Nation” (Frankreich) ihre Größe auch gerne in mehrspurigen Straßen mit beidseitiger “Beleitplankung” verdeutlicht, war es allerdings etwas ein Kampf auf Radfahrbaren Wegen weiter in den Süden zu kommen. Das schöne Martigues (Titelbild) und der anschließende Strandtag, an der dann doch noch erreichten Côte bleu, haben mich aber darüber hinweggetröstet.

So – und dann war es ja nur mehr einen Hügel rauf und runter entfernt: Marseille! Auf Marseille hatte ich mich ja schon sehr gefreut und war auch sehr gespannt auf die zweitgrößte Stadt des Landes. Und Marseille ist toll. Wieder so eine Stadt mit vielen Gegensätzen, ein richtiger “Melting Pot” in dem viele Kulturen, Geschmäcker und somit auch unterschiedliche Stadtteile aufeinandertreffen. Eines ist klar – ich muss wieder hin. Ich war nämlich zu geizig um Bouillabaise in einem der teuren Touri-Restaurants zu essen und ich hatte zu wenig Zeit um eine anständige Alternative zu finden. Aber dafür bin ich am Strand gesessen, durch das alte, pastellene Viertel Le Panier spaziert, ewig lang in dem bunten Viertel Cours Julien rumgehängt und habe viel geschmunzelt über die “sich-vor-lauter-feinen-(vor allem süßen!!)-Spezialitäten-biegenden-Tische” im arabischen Viertel nach Sonnenuntergang (es ist gerade Ramadan). 2013 war Marseille Weltkulturhauptstadt und da wurde einiges “verschönert”. Abgesehen von den schönen alten Gebäuden gibt es somit auch ein paar moderne architektonische Highlights. Am Besten gefallen hat mir das Fort Saint-Jean: wunderschön renoviertes altes Gemäuer, aufgepeppt mit einigen sehr modernen Elementen – und vor allem: auf unzähligen Ebenen kleine Terrassen mit Meerblick oder Gärten mit Kräutern und hölzernen Liegen, Bänken oder Stühlen – ideal um mein 12. Buch auszulesen:-) In Marseille hab ich übrigens auch etwas erlebt, das ich, glaube ich, so noch nie erlebt habe: zwei streitende Frauen im Bus. Die haben sich nichts geschenkt. Beide nicht mehr ganz jung (ich würde sagen, für die eine könnte man noch den Begriff “Best-Ager” – ja schon wieder:-)) – verwenden, die zweite hätte ich definitiv als älter bezeichnet:-)) -haben sich mit Schimpfwörtern beworfen. Ich kann sehr gut fluchen auf Französisch und kenne einige Wörter, die nicht für zarte Ohren bestimmt sind – aber da hab ich einiges Neues gelernt. Unglaublich. Und die Lautstärke!!!! Also wenn ich den Bus gelenkt hätte, ich hätte die beiden Damen mit etwas nachdruckt auf die Straße gesetzt. Ach ja – ich habe ganz vergessen zu erwähnen worüber sie gestritten haben: die eine wollte das kleine Kippfenster offen haben, die andere nicht. Das wars. Noch einmal: unglaublich.

Und zuletzt – mir sind doch noch ein paar Sachen eingefallen, die sich verändert haben (seit ich Italien verlassen habe und durch das südliche Frankreich gondle): ich esse kein Eis mehr (es ist einfach zu teuer. In Italien kostet Eis ja schon mehr als beim Italiener in Wien und in Frankreich kostet Eis doppelt so viel wie in Italien. Verrückt.). Dafür esse ich Pain au Chocolat, Pain au Raisin und trinke Pastis und Rosé:-)). Dann die Straßenschilder: in Italien werden meistens Kilometerangaben auf Straßenschildern abgedruckt (zum Teil hat mich das ja zur Verzweiflung gebracht, nachdem sich diese Kilometerangaben soooo oft widersprochen haben. Mein Highlight waren 2 Straßenschilder in nur 2m Entfernung, beide in die selbe Richtung weisend, zum selben Ort mit Kilometerangaben, die sich auf 9km unterschieden haben??!!) – Franzosen sind da etwas sparsamer (Kilometerangaben gibt es selten). Auch hab ich es einmal gewagt (zugegebener Weise unabsichtlich) gegen die Einbahn zu fahren und bin böse beschimpft worden (zu recht natürlich) – in Italien wäre mir vermutlich noch freundlich zugenickt worden. Ansonsten war das Wetter jetzt immer sehr schön und zum Teil auch schon sehr heiß. Meine “Bergetappen” haben ausschließlich bei 30-35 Grad statt gefunden. Und schlußendlich noch eine gravierende Änderung: mein letzter Krimi hat in der Provence gespielt und nicht mehr in Ligurien oder der Toskana.

So und mittlerweile bin ich in der germanischen Hauptstadt angekommen. Wie ich es so schnell hierher geschafft habe und wie es weiter geht, das erzähl ich Euch dann Anfang nächster Woche.
Auf Wieder-Lesen!

3 thoughts on “Das Leben in Pastelltönen …

  1. Hach, schöne Bilder! Ich glaub, du hast mir mit Marseille nicht zu viel versprochen! Auf jeden Fall citytripwürdig 🙂

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  2. Sehr angenehmer Stil, mit dem du deine Wege und Eindrücke beschreibst. Ich hoffe es gelingt mir nur halb so gut wie dir. Die Bilder sind natürlich auch sehr gut und abwechslungsreich. Umso mehr hoffe ich, dass sich unsere Wege vielleicht doch im hohen Norden kreuzen!

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